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Besuch in Papua-Neuguinea, "Land of the Unexpected"

 

Die Mitglieder des VDBIO und der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) verbindet eine Art von Seelenverwandtschaft. Dazu gehört insbesondere die Überzeugung von der in jüngerer Zeit zunehmend in Frage gestellten Bedeutung des Multilateralismus für ein einvernehmliches Miteinander auf der Welt. Deshalb berichten beide Gesellschaften von Zeit zu Zeit in ihren Presseorganen Wissenswertes über die Aktivitäten der jeweils anderen Gesellschaft.

 

Ein Highlight unter den Aktivitäten der DGVN war im September 2025 die zehntägige Studienreise von achtzehn DGVN-Mitgliedern unter der Leitung des Vorsitzenden, Ekkehard Griep, nach Papua-Neuguinea – ein Highlight in mehrfacher Hinsicht:

  • Keine der bisherigen DGVN-Studienreisen führte zu einem so weit von Deutschland entfernten Reiseziel.

  • Keine frühere Studienreise fand so nahe (drei Tage) vor einem Besuch des UN-Generalsekretärs im Zielland statt (Anlass des Besuchs von António Guterres: Jubiläum der 50-jährigen Unabhängigkeit des Landes, bis 1975 fungierte Australien über viele Jahrzehnte als treuhänderische Schutzmacht, für eine kurze Zeit war es zuvor Teil des britischen Empire).

Flagge Papua-Neuguinea

Der Norden von Papua-Neuguinea war bis 1914 deutsches Kolonialgebiet. Erkennbar ist dies noch an vereinzelten Ortsnamen oder an Redewendungen: Zu "I am happy" sagt man umgangssprachlich "habe Spaß", damit hatte niemand in der Reisegruppe gerechnet. Vom deutschen Honorarkonsul – eine deutsche Botschaft gibt es in Papua-Neuguinea nicht, die diplomatischen Beziehungen werden von der Botschaft Canberra wahrgenommen – erfuhren die Teilnehmenden der Reise, dass ihm in jüngerer Zeit eine zunehmende Anzahl von Anträgen auf Ausstellung eines deutschen Reisepasses vorgelegt wird, die er nach Berlin weiterleitet. Die Anträge stellen Papua-Neuguineer/-innen, die sich auf deutsche Wurzeln bei ihren Vorfahren berufen.

Papua-Neuguinea ist mit einem Staatsgebiet von 462.840 km² der "Bully" unter den zahlreichen Inselstaaten Melanesiens und Polynesiens. Es liegt in einer Zone, in der Großmachtinteressen sich überschneiden und der Staaten der westlichen Welt eine wachsende Aufmerksamkeit zuwenden. Dies demonstriert z.B. die Errichtung einer deutschen Botschaft in Fidschi vor etwas mehr als zwei Jahren. Die USA schlossen 2023 mit Papua-Neuguinea ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit ab, Anfang Oktober 2025 vereinbarten Papua-Neuguinea und Australien eine umfassende militärische Allianz, die laut Presseberichterstattung u.a. Australien Zugang zu militärischen Anlagen in Papua-Neuguinea sichert und 10.000 Papua-Neuguineern den Dienst in der australischen Armee ermöglicht.

 

Papua-Neuguinea kann man in vieler Hinsicht als reiches Land bezeichnen, reich an Naturschätzen, reich in kultureller Hinsicht (es werden ca. 800 Sprachen unter den Ethnien des Landes gesprochen), aber auch reich an Problemen.

 

Zuerst zu seinem Reichtum im positiven Sinne:

Das Staatsgebiet inklusive der ca. 600 Inseln und die angrenzenden Seegewässer sind mit einer Vielfalt von Naturschätzen gesegnet. Papua-Neuguinea beheimatet den drittgrößten Regenwald der Erde, eine von erfreulich umfangreicher Biodiversität gekennzeichnete Flora und Fauna, ebenso reizvolle Landschaften im Gebirge und in den Küstenregionen mit Potenzial zum Ausbau für Tourismus. Papua-Neuguinea verfügt über weite Flächen fertiler Böden, auf denen vor allem der Anbau von Kaffee und Kakao, Vanille und verschiedener Fruchtarten betrieben wird. In den Territorialgewässern besteht eine große Fischpopulation, insbesondere Thunfisch, die aber von der Küstenwache nicht ausreichend gegen illegale Fischerei geschützt werden kann. Für die Volkswirtschaft spielt der Bergbausektor eine bedeutende Rolle, Schwerpunkt hierbei der Abbau von Kupfer, in geringerem Maße auch Gold.

In politischer Hinsicht kann man Papua-Neuguinea im Vergleich zu zahlreichen anderen Staaten des sogenannten globalen Südens als relativ stabile Demokratie einordnen. Staatsoberhaupt ist König Charles III, Staatsstreiche gab es nicht, es finden freie Wahlen statt, Meinungs- und Pressefreiheit werden grundsätzlich respektiert, die Rechtsordnung basiert in weiten Teilen auf britischer Rechtstradition, die Justiz ist unabhängig. Letzteres gilt – dies sei hervorgehoben – auch für die Zentralbank des Landes.

 

Zu den Problemfeldern:

Es ist schwer zu sagen, bei welchem Problem man anfangen soll. In politischer Hinsicht ist die territoriale Integrität des Landes in Frage gestellt durch seit Jahrzehnten aktive Separatisten, die ein Ausscheiden der an mineralischen Rohstoffen (vor allem Kupfer) reichen Insel Bougainville aus Papua-Neuguinea und die Errichtung eines souveränen Staates anstreben. Bei einem Referendum in 2019 votierten 97% der Inselbewohner demgemäß. Die UN bemühen sich um Vermittlung zwischen Zentralregierung und Separatistenbewegung. Trotz der blutigen Vorgeschichte mit tausenden Toten, beginnend in den 1990er Jahren, könnte Bougainville am Ende aber ein Beispiel für den friedlichen Loslösungsprozess vom Zentralstaat werden. Wenn der von beiden Seiten bekräftigte Prozess weiter so geordnet wie in den letzten Jahren verläuft, könnte 2027 die Unabhängigkeit der bisherigen Provinz erreicht sein.

 

Ganz anders die vermeintliche Aussichtslosigkeit in anderen Bereichen: Der (korruptionsanfällige) öffentliche Dienst des Landes funktioniert nicht so, wie er sollte. In einigen Teilen ist er aufgebläht, Polizei und Justiz sind hingegen unterbesetzt und unterfinanziert – so erklärt sich auch eine unzureichende Managementkultur – und dies bei einer sehr prekären Sicherheitslage. Papua-Neuguinea leidet unter hoher, durch Alkohol- und Drogenkonsum begünstigter Kriminalität, die Schwelle zur Bereitschaft der Anwendung von Gewalt liegt bei vielen Menschen sehr niedrig. Bei einem Treffen mit dem Büroleiter des Hohen Kommissariats für Menschenrechte der UN erfuhren die Reiseteilnehmenden, dass ca. 40% der Kinder Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch machen müssen, jede zweite Frau wird laut UN Women verprügelt, innerfamiliäre Gewaltanwendung gelangt nur in wenigen Fällen an die Justiz, die Verfahren verlaufen oft im Sand. Der überwiegende Teil der Bevölkerung verharrt hierzu in Passivität und nimmt die Sicherheitslage quasi als schicksalhaft hin.

Zu den Defiziten des öffentlichen Dienstes gehört u.a auch die Unzuverlässigkeit öffentlicher Zahlen. Es gibt z.B. keine verlässlichen Daten über die Größe der Bevölkerung, Schätzungen reichen von 12 bis zu 17 Millionen Einwohner/-innen.
 

DGVN-Reisegruppe in Papua-Neuguinea

Foto der Reisegruppe in Port Moresby, Papua-Neuguinea

Hinzu kommen sozio-ökonomische Probleme sehr großen Ausmaßes. Dazu ein paar Daten: 57% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, 50% der Bevölkerung unter 24 Jahren gilt als arbeitslos, nur 2% der berufstätigen Bevölkerung hat Aussicht auf Erhalt einer Rente im Alter, die medizinische Versorgung der Bevölkerung des Landes liegt auf niedrigem Niveau (schwere Erkrankungen wie etwa Fälle von Tumorbildungen können überhaupt nicht nach zeitgemäßem medizinischen Standard behandelt werden), nur die Hälfte der Bevölkerung hat Zugang zu sauberem Wasser, obgleich Papua-Neuguinea nicht unter Wasserknappheit leidet.

 

Eine besondere Herausforderung für sozio-ökonomische Fortschritte stellt die wenig entwickelte Infrastruktur des Landes dar. Weite Teile von Papua-Neuguinea können nur per Flugzeug erreicht werden, es gibt kein landesweit ausgebautes Straßennetz, eine Reise von der Südküste – hier liegt die Landeshauptstadt Port Moresby – an die Nordküste ist nur mit dem Flugzeug möglich. Bei der Finanzierung von dem Verkehrssektor dienenden Vorhaben engagiert sich im Besonderen die Asiatische Entwicklungsbank (ADB). Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch das nicht geringe Risiko von Naturkatastrophen wie Erdrutschen oder Erdbeben.

Angesichts der hier weder erschöpfend noch tiefgehend, sondern nur skizzenhaft angesprochenen Problemfelder überrascht es nicht, dass Papua-Neuguinea ungeachtet seines Potenzials nur wenig Erfolg erzielt im Anlocken erwünschter Investoren. Aber in dieser Hinsicht, wie ganz allgemein in der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, sind Prognosen schwer. Immer wieder schlägt der Prozess einen Haken: Positiv, wenn sich etwa der Premierminister erstmals überhaupt von UNICEF über die prekäre Bildungssituation im Land briefen lässt. Negativ, wenn ein Fußballmatch im Hauptstadtstadium zu einer Massenrandale führt, in deren Verlauf eine ganze Siedlung am Hang in Schutt und Asche gelegt wird. Vielfach wurde daher von Gesprächspartnern nicht ohne Ernst bemerkt, Papua-Neuguinea sei "the Land of the Unexpected".

 

Die erwähnten Eindrücke gewannen die Teilnehmenden der Studienreise in Begegnungen mit mehr als zwanzig Institutionen, hierbei der deutsche Honorarkonsul, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, wo die Gruppe auf Staatssekretärsebene empfangen wurde, die Botschaften der USA, Japans (hier Botschafter Hisanobu Mochizuki persönlich) und Australiens, der UN Resident Coordinator und zahlreiche weitere Vertreter/-innen der insgesamt 26 in Papua-Neuguinea präsenten UN-Organisationen (Gesamtzahl der Mitarbeitenden des UN-Systems in Papua-Neuguinea rund 600, größte Personalstärke bei den Büros der FAO und des WFP), der Leiter der Vertretung der ADB. Ebenso fanden – wie bei DGVN-Studienreisen üblich – Treffen mit Persönlichkeiten und Organisationen der Zivilgesellschaft statt, u.a. mit einem Biologie-Professor und Meeresschutzexperten der Universität von Port Moresby, dem Team des Regionalbüros von "Brot für die Welt" und mit Vertreter/-innen der nationalen Organisation von "Transparency International". Die hier aufgeführten Individuen und Organisationen bemühen sich nach besten Kräften, Papua-Neuguinea auf vielen Ebenen zu Fortschritten zu verhelfen. Vielleicht sollte über diesen Anstrengungen ein Satz stehen, den eine junge Hotelangestellte dem Berichtsverfasser beim Herrichten seines Hotelzimmers sagte: "People in Papua New Guinea need another mindset". Klingt das nicht irgendwie einleuchtend?

 

Artikel aus dem VDBIO-Rundbrief Nr. 187, veröffentlicht im Dezember 2025


 

Zum Autor: Wolfgang Münch arbeitete von 1991 bis 1995 bei der Ständigen Vertretung UN New York (Arbeitsschwerpunkte: 5. Ausschuss der Generalversammlung, ACABQ) und war 1995 kurzzeitig Leiter des UN-Referates im Bundesministerium der Finanzen. Von 1996 bis 2005 war er Inspektor in der Gemeinsamen Inspektionseinheit des UN-Systems in Genf und von 2006 bis 2008 bei der Botschaft Nikosia (Wirtschaft und Finanzen, UNFICYP). Seit 2016 ist er im Ruhestand.
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VDBIO-Mitglied Wolfgang Münch

Dieser Artikel gibt keinen offiziellen Standpunkt des Verbands oder einer Organisation wieder, sondern basiert auf den persönlichen Eindrücken und Einschätzungen des Autors.

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