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Plastic Waste in Remote and Mountainous Areas

Ein Projekt der Basler, Rotterdamer und Stockholmer Konventionen:

Plastic Waste in Remote and Mountainous Areas

 

von Frank Moser und Jost Dittkrist, Secretariat of the Basel, Rotterdam and Stockholm Convention, Genf, Schweiz

März 2023

 

Logo Basel, Rotterdam and Stockholm Convention

Der folgende Artikel basiert auf Erkenntnissen aus dem Projekt „Plastic Waste in Remote and Mountainous Areas“, welches vom Sekretariat der Basler, Rotterdamer und Stockholmer Konventionen mit Beiträgen der Regierungen von Frankreich und Norwegen, der norwegischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit (Norad) und des norwegischen Einzelhändler-Umweltfonds (NREF) umgesetzt wird.

Berge spielen weltweit eine entscheidende Rolle. Sie fungieren nicht nur als wichtige Wasserspeicher sondern beherbergen auch etwa die Hälfte der Biodiversitäts-Hotspots der Welt und 30 Prozent aller wichtigen Biodiversitätsgebiete. Aufgrund ihrer biologischen, kulturellen und ökologischen Einzigartigkeit sind Berge besonders anfällig für den Klimawandel und menschliche Eingriffe. Diese bedrohen die weltweit wichtigen Ökosystemleistungen der Berge.


Laut dem 2022 veröffentlichten Bericht des Weltklimarats hat der Klimawandel in vielen Bergregionen schwerwiegende Folgen für Menschen und Ökosysteme.1 Zu den Auswirkungen gehören steigende Temperaturen, wechselnde saisonale Wettermuster, Rückgang der Schneedecke, Verlust der Gletschermasse und beeinträchtigte Wasserkreisläufe.  Extremwetterereignisse tragen zu zunehmenden Spannungen oder Konflikten um Wasserressourcen bei. Stetig steigende Abfallmengen, und hier insbesondere der Plastikmüll, üben weltweit einen zusätzlichen und kontinuierlich steigenden Druck auf diese sensiblen Regionen aus.2


Plastikmanagement ist komplex und umfasst ein breites Spektrum von vor- und nachgelagerten Sektoren und Interessengruppen. Die Entsorgung von Kunststoffabfällen in abgelegenen Regionen und Bergen, vor allem in Entwicklungsländern, birgt zusätzliche Herausforderungen.
Das größte Problem in solchen Ländern stellt die generell niedrigere wirtschaftliche Entwicklung dar und wird durch einen oft fehlenden direkten Anschluss an dichtere Siedlungsgebiete und dadurch einhergehende höhere Transportkosten für Abfälle verstärkt.

 

Das eigentliche Problem bei der Plastikvermeidung in abgelegenen Gebieten und Bergregionen ist die komplexe Vernetzung der verschiedenen Akteure und Treiber. So kann zum Beispiel eine gut funktionierende Entsorgung von Plastikabfällen in den Bergen mehr Tourist/-innen anziehen, was wiederum die Menge an Plastik erhöht.

 

Was ist der Status Quo?
Im Einklang mit globalen Trends hat die Erzeugung von Plastikabfällen in Berggebieten auf globaler Ebene in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Verpackungen, und hier insbesondere Einwegverpackungen, sind die wichtigsten Ursachen dieses steigenden Trends.


Informationen über Kunststoffabfälle in Berggebieten auf globaler Ebene sind nur begrenzt verfügbar. Es gibt jedoch Anstrengungen, zum Beispiel durch die Arbeit des Sekretariats im Zuge dieses Projekts, die Lücken bei der Datenerfassung und -überwachung zu schließen.

 

Die verfügbaren Daten lassen dennoch einige Schlussfolgerungen zu. So nahmen an einer von GRID-Arendal geleiteten und von dem Sekretariat unterstützten globalen Umfrage zum Ausmaß und zur Art der Abfallverschmutzung in den Bergen 1‘750 Bergsteiger/-innen aus 74 Ländern teil. Die Haupterkenntnisse dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:3

  • Fast alle Befragten der Studie haben während einer typischen Bergtour Müll und Abfall gesehen.
  • Harte und weiche Kunststoffe waren die am häufigsten gesichteten Abfallarten in allen Bergregionen (siehe Grafik).
  • Abfälle wurden am häufigsten auf/neben Wegen gesehen, gefolgt von Parkplätzen und Rastplätzen.
  • Etwa 95 Prozent der Teilnehmenden bestätigten, dass Abfall in den Bergen ein Problem ist, das dringend angegangen werden muss.
  • Fast zwei Drittel sind der Meinung, dass die Vermüllung in den letzten Jahren zugenommen hat.
Grafik: Abfalltypen in Bergregionen

Warum ist die umweltgerechte Entsorgung von Plastikmüll in den Bergen besonders herausfordernd?
Wie wir gerade besprochen haben, treiben der Tourismus und der zunehmende Konsum sowie der atmosphärische Transport von Plastikmüll die Plastikverschmutzung in den Bergen voran. Wenn Kunststoffabfälle nicht gesammelt werden, führt dies oft zu einer unkontrollierten Entsorgung. Oftmals werden Plastikabfälle schlicht in der Natur entsorgt oder auch verbrannt, wodurch POPs und andere für Umwelt und Gesundheit gefährliche Stoffe freigesetzt werden.


Die folgenden Hindernisse, den Plastikmüll in den Bergen zu minimieren und umweltgerecht zu entsorgen, sind vor allem in Entwicklungsländern relevant.
Bergregionen haben tendenziell ein niedrigeres Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung und damit einen begrenzten Zugang zu personellen und finanziellen Ressourcen sowie eine weniger entwickelte Infrastruktur für die Abfallbewirtschaftung.5 Die Abgeschiedenheit, raue Natur- und Klimabedingungen, fehlende Skaleneffekte und hohe Transportkosten tragen zusätzlich zur Komplexität bei.

 

Diese Faktoren führen zu relativ hohen Kosten für die Abfallbewirtschaftung in Verbindung mit geringeren finanziellen, rechtlichen und institutionellen Kapazitäten sowie einem Mangel an Überwachung und Daten.


Die umweltverträgliche Entsorgung von Plastikabfällen ist daher für Berggebiete in weniger entwickelten Ländern eine besondere Herausforderung, die sich zum Beispiel in niedrigeren Sammelquoten niederschlägt. Ebenso sind funktionierende Transport- und Trennsysteme, umweltgerechte Deponien und Recyclingkapazitäten häufig nicht vorhanden. Zudem hapert es oft an der Sensibilisierung von Akteuren auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sowie an Anreizen für eine umweltverträglichen Entsorgung.


Dies führt häufig zu einer Lagerung von Plastikabfällen in Deponien, einschließlich illegaler Deponierung, und offener Verbrennung von Kunststoffabfällen in Berggebieten, was beispielsweise im Himalaya verstärkt beobachtet wurde.


Welche Ansätze gibt es für die Verminderung und die umweltgerechten Entsorgung von Plastikmüll in den Bergen?
Die gute Nachricht vorab: Es gibt viele Maßnahmen, die verschiedene Akteure ergreifen können, um unsere Berge frei von Plastikmüll zu halten. Tourismus kann vor allem auf lokaler und regionaler Ebene nachhaltiger gestaltet und die Infrastruktur der Abfallbewirtschaftung verbessert werden. Sensibilisierungskampagnen leisten einen wichtigen Beitrag für die Aufklärung aller beteiligten Akteure.


Auf der politischen Ebene bedarf es eines Ansatzes, die die in den Bergen eingebrachte und verbrauchte Menge an Kunststoff begrenzt und die umweltgerechte Bewirtschaftung von Kunststoffabfällen fördert. Richtlinien sollten optimal an die lokalen Gegebenheiten angepasst, verständlich, praktikabel, gut kommuniziert und durchsetzbar sein.


Folgende Beispiele, welche durch die Arbeit des Sekretariats in verschiedenen Regionen der Welt gesammelt wurden, illustrieren mögliche politische Handlungsspielräume:6

  • In Khumbu in Nepal, der Heimat des Mount Everest, wurde ein Mülldeklarations- und Entsorgungssystem eingerichtet. Expeditionen müssen ihre Ausrüstung und Verpflegung deklarieren und eine Kaution von bis zu 4.000 US-Dollar hinterlegen. Bei der Rückgabe muss der Müll abgegeben werden, um eine Unbedenklichkeitsbescheinigung und die Kaution zu erhalten.
  • Der Kilimandscharo-Nationalpark in Tansania führte ein „Trash in, trash out“-System ein, bei dem Ranger regelmäßig den Müll von Trekkinggruppen wiegen. Hinweise auf Dumping können den Entzug der Lizenzen der Guides und/oder eine Geldstrafe zur Folge haben. Das System hat dazu beigetragen, die Sammelquote innerhalb von vier Jahren von 64 Prozent auf 94 Prozent zu steigern.
  • Die Regierung von Himachal Pradesh, einer Bergregion in Indien, hat die Verwendung bestimmter Einwegartikel wie Plastiktragetaschen und Besteck verboten.

 

Auf der finanziellen Ebene gibt eine Reihe von Ansätzen, die Kosten für die Abfallbewirtschaftung zu decken oder zu reduzieren. Dazu gehören erweiterte Herstellerverantwortung, Pfandsysteme, Gebühren, Steuern, steuerliche Anreize und Bußgelder.


Folgende Beispiele illustrieren mögliche finanzielle Handlungsspielräume:

  • In der Region Piemont in den italienischen Alpen werden Haushalte durch Steuervorteile dazu angeregt, ihren Abfall zu trennen. Der Anteil der getrennten Sammlung stieg innerhalb von 10 Jahren von 18 auf 49 Prozent.
  • In der Region Langtang in Nepal werden Einzelpersonen finanziell ermutigt, Plastikflaschen zurückzubringen. Jede Plastikflasche kann gegen 1 nepalesischen Rupie eingetauscht werden.

 

Auf der Ebene der Infrastrukturentwicklung gibt es ebenfalls eine Reihe vielversprechender Ansätze. Infrastruktur ist entscheidend für die umweltgerechte Bewirtschaftung von Kunststoffabfällen. Intelligentere Sammel- und Transportsysteme, einschließlich kleiner Zwischenstationen, können dazu beitragen, begrenzte Skaleneffekte in Bergregionen zu erreichen.
Folgende Beispiele illustrieren mögliche Handlungsspielräume auf der Ebene der Infrastrukturentwicklung:

  • Als Reaktion auf die zunehmende Menge an Plastikmüll erhielt die bergige Ile-Alatau als erster kasachischer Nationalpark eine kreislauforientierte Infrastruktur für die Abfallwirtschaft. 225 Container wurden an 30 verschiedenen Standorten installiert, und Lastwagen transportieren den Abfall regelmäßig nach Almaty.
  • Im Andenhochland von Peru unterstützen Supermärkte eine Kampagne, bei der 1 Million Plastikflaschen zu 13.000 Ponchilas (Rucksäcke mit integriertem Poncho) für Kinder recycelt wurden.

 

Auf der Ebene der Einbindung der Öffentlichkeit und Kommunikation können alle beteiligten Akteure die Reichweite der oben beschriebenen Ansätze deutlich erhöhen und gleichzeitig Individuen – Skilehrer/-innen, Bergsteiger/-innen, Wanderinnen und Wanderer usw. – animieren, ihre Verhaltensweisen anzupassen.
Folgende Beispiele illustrieren mögliche Handlungsspielräume auf der Ebene der Einbindung der Öffentlichkeit und Kommunikation:

  • In der Schweiz installierte die Summit Foundation in über 50 Skigebieten 1200 Tafeln mit Botschaften zum Thema Plastikmüll.
  • Der Schweizer Alpen-Club initiierte eine Kampagne mit Plakaten in Hütten, die Bergsteiger ermutigte, weniger Abfall auf die Berge zu bringen und ihn stattdessen ins Tal zurückzubringen.
  • Seit 2014 unterstützen Freiwillige, Bergführer/-innen, lokale Tourismusbehörden und Betreiber/-innen von Liftanlagen die Kampagne „Keep Snow Clear“, um den Müll vom Ibn Sina Peak im Pamir-Gebirge zu entfernen.
  • Die Organisator/-innen des Ultratrail Mont Blanc-Events haben an den Erfrischungspunkten auf die Verwendung von Einwegbesteck, -bechern und -schalenverzichtet, was dazu führte, dass mindestens 4'000 Plastikflaschen vermieden wurden.

 

Diese möglichen Handlungsspielräume können von vielen verschiedenen Akteuren für ihre Kampagnen genutzt werden, um unsere Berge plastikfrei zu halten.


Auf lokaler Ebene tragen Kommunen oft die Hauptverantwortung für den Betrieb effektiver Abfallmanagementsysteme. Verwaltungen von Schutzgebieten können Maßnahmen ergreifen, um die Deponierung von Plastikprodukten zu verhindern. Bergführer/-innen und Skilehrer/-innen können Tourist/-innen aufklären und mit gutem Beispiel vorangehen. Und natürlich kann jeder und jede Einzelne etwas bewirken, indem er oder sie dafür sorgt, dass alle in die Berge gebrachten Plastikabfälle auch wieder umweltgerecht entsorgt werden.


Es gibt jedoch noch viel zu tun. So fehlen auf lokaler Ebene in Berggebieten oft die Ressourcen für eine umweltgerechte Entsorgung von Kunststoffabfällen. Es ist daher wichtig, dass regionale und nationale Regierungen einen angemessenen nationalen rechtlichen und institutionellen Rahmen schaffen, sei es zum Beispiel durch ein Verbot bestimmter Arten von Plastikabfällen oder steuerliche Anreize.


Abschließend sei angemerkt, dass Plastikabfall ein globales Problem ist, welches uns alle betrifft. Plastik in Flüssen und in Meeren sowie Mikroplastik nimmt keine Rücksicht auf nationale Grenzen. Nur mit einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erreichen wir langfristig das Ziel unsere Berge frei von Plastik zu halten.


 

Jost Dittkrist

Jost Dittkrist ist Programme Officer bei UN Environment (UNEP) in der Science and Technical Assistance Branch des Secretariat of the Basel, Rotterdam and Stockholm Conventions. Er unterstützt die Umsetzung nationaler, regionaler und globaler Projekte zur Vermeidung, umweltgerechten Entsorgung und grenzüberschreitender Kontrolle von Kunststoffabfällen. Er ist Technical Assistance Focal Point für das Rotterdamer Übereinkommen und unterstützt die Arbeit an Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) im Rahmen des Stockholmer Übereinkommens.

Vor seinem Eintritt in das Sekretariat arbeitete er in verschiedenen Positionen in der Abteilung Chemikalien und Gesundheit des Umweltprogramms der UN, des United Nations Institute for Training and Research und der International Solid Waste Association.

Kontakt:

Frank Moser, UNEP

Frank Moser ist seit Juni 2009 bei UN Environment (UNEP) in Genf tätig und leitet die Programme Resources and Oversight Unit. Er arbeitet zu Themen der internationalen Chemikalienpolitik, Plastikmanagement und Umweltfinanzierung. Sein Studium der Chemie und Wirtschaftswissenschaften absolvierte er in Konstanz und Hagen und promovierte zum Thema Ethik in der Chemie in Ferrara, Italien.

Seit 2018 ist Frank Moser im Vorstand des VDBIO aktiv.

Kontakt:

1Alfthan, B., Gjerdi, H.L., Puikkonen, L., Andresen, M., Semernya, L., Schoolmeester, T., Jurek, M. (2018). Mountain Adaptation Outlook Series – Synthesis Report. United Nations Environment Programme, and GRID-Arendal, Nairobi, Vienna, and Arendal. www.unenvironment.org, www.grida.no
2Alfthan, B., Semernya, L., Ramola, A., Adler, C., Peñaranda, L.F., Andresen, M., Rucevska, I., Jurek, M., Schoolmeester, T., Baker, E., Hauer, W. & Memon, M., 2016. Waste Management Outlook for Mountain Regions – Sources and Solutions. UNEP, GRID-Arendal and ISWA. Nairobi, Arendal and Vienna. www.unep.org, www.grida.no, www.iswa.org

3GRID-Arendal (2021). Plastics on the Peak: The 2021 Global Mountain Waste Survey. Arendal: GRID-Arendal

4Siehe zum Beispiel: Tsering, T., Sillanpaa, M. et al. (2021). Microplastics pollution in the Brahmaputra River and the Indus River of the Indian Himalaya. Science of the Total Environment, Vol. 789.
5Siehe zum Beispiel: Behera, B., Rahut, D. B., and Sethi, N. (2020). Analysis of household access to drinking water, sanitation, and waste disposal services in urban areas of Nepal. Utilities Policy, Vol. 62.

6Basel Convention Secretariat & GRID-Arendal (2022). Plastic Waste on the Peak: How plastic waste came to pollute mountains and remote areas - and what we can do about it. GRID-Arendal.

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