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Das Zeitalter des VDBIO aus der Sicht eines Bediensteten a.D.

27. 11. 2016

von Manfred Kulessa

 

Wie Menschen und ihre Werke haben auch ihre Verbände ein eigenes Schicksal und müssen sich den Herausforderungen ihrer Zeit stellen. Als Kind des letzten vor-faschistischen Jahrgangs erlaubt man sich gern schon einmal ein Urteil über die Späteren. Ein inzwischen verstorbener Freund und Altersgenosse pflegte zu sagen : “Seit Jahrtausenden beklagen die Alten, dass die Dinge nicht mehr so gut gemacht werden wie zu ihrer Zeit. Unsere Generation ist die erste, für die das wirklich zutrifft.“  Wir haben nach schweren Zeiten viel Positives erlebt: Von der Gründung der Vereinten Nationen auf der Basis der wegweisenden Charta mit der Zielvorstellung der Abschaffung des Krieges erwarteten wir seinerzeit den entscheidenden Schritt in eine bessere Zukunft des Zusammenlebens der Menschheit. Damit konnte man sich identifizieren. Und mit den Nachbarn fühlten wir uns als Europäer verbunden.Heute wissen wir, dass diese Hoffnungen sich nur zum Teil verwirklichen ließen. Immerhin wurde dann die Auseinandersetzung zwischen Ost und West als kalter Krieg geführt. Aber wir müssen inzwischen mit Entsetzen feststellen, dass der Kampf zunehmend nicht zwischen, sondern überwiegend innerhalb von Staaten und dort mit gleicher Brutalität und vielen Opfern geführt wird und die internationale Gemeinschaft vor neuen Herausforderungen stellt.

 

Als die beiden deutschen Staaten 1973 Mitglieder der Vereinten Nationen wurden, ergab sich auf allen Seiten die Erwartung, dass sie ihre wirtschaftlichen, technischen und personellen Kapazitäten in die weltweite Zusammenarbeit einbringen würden. Im Zuge dieses neuen Schwungs wurde ich damals von UNDP angeheuert und habe dort bis 1988 mitgearbeitet, am Schluss als UN-Koordinator in China. Hier ging es im Wesentlichen um Entwicklungsprojekte, aber ich sah mich auch immer wieder mit Personalfragen beschäftigt. Während meiner Zeit in New York hat man mich nebenamtlich zum „Vice-Chairman, Appointment and Promotion Board“ berufen. Daraus ergab sich eine lehrreiche, manchmal allerdings auch bedrückende Erfahrung. Übrigens  hatten die Kollegen Kurt Nook und Co.in Genf ihren Verband damals schon gegründet, und die Landsleute im Bereich der Zentrale am East River trafen in einem aktiven Arbeitskreis des VDBIO zusammen.

 

Etwa ein Jahrzehnt später, als der Chef von UNFPA, Rafael Salas, China besuchte, lernte ich eine neue Dimension der deutschen Frage kennen. Er bat mich, in Bonn zu sondieren, ob man dort bereit wäre, seine Organisation aufzunehmen. Die Bundesregierung war leider zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht zu einem positiven Votum bereit. Aber ich verstand bei dem Besuch in der Heimat,  dass es nun um die akuten Fragestellungen des Verhältnisses der beiden deutschen Staaten und die stärkere deutsche Mitverantwortung bis hin zur Errichtung eines UN-Standortes gehen würde. Auf dem Hintergrund dieses Eindrucks ließ ich mich später dafür gewinnen, als Nachfolger des fulminanten und vielseitig UN-vernetzten Alexander Gunther Friedrich die Leitung des Forums zu übernehmen, das er in der Berliner Villa Borsig als internationale Tagungsstätte der DSE aufgebaut hatte. Angesichts der Diskussion um das Ob und Wie einer Wiedervereinigung erschien das eine faszinierende Aufgabe an einem Brennpunkt historischer Entwicklung. Als sich dort die Lösungen erstaunlich rasch und entschieden ergaben, folgte ich einem Ruf der beiden großen Kirchen in ihre „Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung“ nach Bonn.

 

In der alten Haupt- und neuen Bundesstadt wurde „UN“ damals ein Thema von zentraler Bedeutung. Bonn war auch der Sitz des VDBIO-Arbeitskreises Deutschland, dessen Mitglieder vor allem Ehemalige aus der ganzen Bundesrepublik waren,  und wir beteiligten uns eifrig an der Bonn-Diskussion. Zusammen mit anderen gründeten wir einen Freundeskreis (später Koordinationskreis) Vereinte Nationen mit einem breiten Programm von Veranstaltungen.  Ich erinnere mich z. B. an die Vorträge und Diskussionen mit Rita Süssmuth, NRW-Minister Laschet und Richter Kaul vom internationalen Strafgerichtshof. Der Bonner Stadtrat berief einen internationalen Ausschuss, in dem ich auch einige Jahre mitarbeiten konnte. Die Bundesregierung hatte zunächst mit ihren ziemlich großzügigen Gastgeber-Angeboten wenig Erfolg. Als dann aber der Generalsekretär die Entscheidung traf, UNV von Genf nach Bonn zu verlegen, und sich das als eine beiderseits recht angenehme Lösung erwies und sich zudem herausstellte, dass es leichter war, neue Dienststellen anzuwerben, statt Umzugsangebote zu machen, war man sehr bald auf einem guten Wege. Dazu trug dann das hier angesiedelte Sekretariat der Klimakonferenz entscheidend bei, zumal es den Einstieg in das Thema Nachhaltigkeit ermöglichte, das zum Kennzeichen des UN-Standortes geworden ist, dessen Zentrum der Bereich des „Langen Eugen“, zusammen mit dem ehemaligen Plenarbereich und dem neuen internationale Konferenzzentrum WCCB bilden. Insgesamt sind derzeit über tausend UN-Mitarbeiter und 150 internationale NGOs in Bonn tätig, bei ansteigender Tendenz.

 

Damals hatten wir auch den Besuch des UNDP-Administrators, mit dem wir den Rohbau des seiner  Organisation angebotenen Bürogebäudes besichtigten. Offensichtlich war sein Interesse aber nicht sehr groß. Das war wahrscheinlich unser Glück. Denn bald danach wurde das Grundstück vom Rhein her  überflutet, was weitgehende Reparaturarbeiten erforderlich machte. Der Bund entschloss sich endlich, die Deutsche Welle von Köln dahin zu verlegen, wo sie seither am Rande des UN-Zentrums residiert. Der Vorstand des VDBIO war freilich weniger von der Bonner Entwicklung als von der neuen Rolle der Hauptstadt Berlin fasziniert und entschied, ohne uns entsprechend zu konsultieren, den Bonner Arbeitskreis zu schließen und einen neuen in Berlin zu eröffnen. Nach meiner Erinnerung war das für mich einer der Gründe, die Mitgliedschaft im Verband zu beenden. Als dann eine Handvoll aktiver deutscher Mitarbeiter in Bonner UN-Büros tätig wurden, konnten sie natürlich ihren eigenen Arbeitskreis gründen, mit dem auch wir Alten gute Verbindung pflegen.

 

Eine andere unter Enttäuschungen abgeheftete Erfahrung erlebte ich am Beginn meines Ruhestandes ausgerechnet im Bereich der Alterssicherung. Ich erfuhr, dass auf  VBL-Ebene während der Zeit meiner Auslandstätigkeit eine für alle Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes verbindliche Entscheidung getroffen worden war, wonach die von Arbeitgebern entrichteten Beiträge nicht mehr auf die Berechnung des Altersruhegelds anzurechnen seien, wenn der Angestellte Ruhegehaltsbezüge einer internationalen Organisation erhält.. Was  das in meinem Fall bedeutete, ist leicht darzustellen. Ich war über fünfzig Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt, davon zwei Drittel dieser Zeit bei deutschen Institutionen und ein Drittel bei den UN. Über drei Jahrzehnte haben meine staatlichen und kirchlichen Arbeitgeber vor und nach meiner UN-Zeit die vorgeschriebenen Beiträge für mich an die jeweils zuständigen ZVK abgeführt, ohne dass daraus für mich eine Zusatzversorgung entstanden wäre. Über das Rationale dieser Entscheidung kann man nur Mutmaßungen anstellen. Jedenfalls handelt es sich um eine nicht unerhebliche Kürzung meiner Altersbezüge durch eine Art sozialrechtlicher Enteignung. Was mich am meisten gestört hat : Weder meine Arbeitgeber, noch die die beteiligten ZVK oder der VDBIO haben es für nötig gehalten, mich von dieser Veränderung in Kenntnis zu setzen. Möglicherweise waren sie auch nicht darüber informiert. Wahrscheinlich ist auch die Zahl der Betroffenen sehr gering. (Ich habe bis heute noch keinen Schicksalsgenossen getroffen, und für Beamte gilt ohnehin anderes). Mein Versuch, mich gegen die Regelung in einer Schlichtung zu wehren, brachte kein positives Ergebnis. Der verständnisvolle Schlichter erklärte, dass die Regelung geltendes Recht sei. Ich könne möglicherweise mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht dagegen vorgehen. Das sei aber ein aufwendiger, zeitraubender und ärgerlicher Prozess. Darauf habe ich dann verzichtet, zumal ich nicht sicher sein konnte, das Urteil noch zu Lebzeiten zu erhalten.

 

Über den derzeitigen Status und die Arbeit der Verbandes werden die verantwortlichen Kollegen direkt berichten. Ein recht umfassender Überblick findet sich im Beitrag der Vorsitzenden, Dr. Viviane Brunne, „Weltweit vernetzt : 40 Jahre VDBIO“ ( Vereinte Nationen 3/2016 ).  Erfreulich ist auch der Eindruck, dass die satzungswidrige Art, Auskünfte und Informationen wie in einer traditionellen Freimaurerloge nur den Mitgliedern zugänglich zu machen, nun doch der Vergangenheit angehören dürfte. Bislang ergab sich immer wieder der Eindruck, als Ehemaliger nicht zu den Leuten zu gehören, mit denen man zu tun haben wollte, trotz meiner aktiven VDBIO-Vergangenheit. Nach der Satzung geht es um die gemeinsamen Belangen der Bediensteten. Wenn man auf diverse Anfragen statt sachlicher Auskunft nur den Hinweis auf die Nicht-Mitgliedschaft erhält, ist das nicht ermutigend und hilfreich. Es wäre so, als würde das Rote Kreuz seine Hilfe nur auf die Vereinsmitglieder des DRK beschränken. Deswegen habe ich mich gefreut, als ich kürzlich die Einladung erhielt, mich aktiv in die fachliche Diskussion einzubringen.

 

Für die künftige Arbeit werden die Begriffe Sicherheit der Aktiven und Vernetzung der Ehemaligen eine wichtige Rolle spielen. Es ist ja eine traurige Erfahrung der letzten Jahre, dass auch die UN-Mitarbeiter zu Zielscheiben terroristischer Angriffe werden können. Zu unserer Zeit waren wir wie die Mitarbeiter des Roten Kreuzes als neutrale Friedensstifter vor Überfällen geschützt. Spätestens seit dem Anschlag auf das UN-Zentrum in Bagdad muss man damit rechnen, dass auch sie von extremen Gruppierungen als Gegner angesehen und überfallen werden können. Zwar waren wir ziemlich erstaunt, als der Lange Eugen von einer originellen Art von Zaun umgeben wurde, den örtliche Spötter „Kofi's Gardinen“  nannten. Aber so etwas muss nun offenbar überall sein.

Mindestens eben so viel Aufmerksamkeit verdient das Thema der Jobsicherheit. Die hat sich seit unserer Generation erheblich abgesenkt. Ich erhielt damals nach vier Jahren das „permanent appointment“ und damit den Status eines UN-Beamten. Heute ist das eine seltene Ausnahme, und die Kollegen müssen jetzt mit kurzen Vertragszeiten arbeiten, deren Verlängerung keineswegs garantiert ist. Das hängt von der fortschreitenden Fragmentierung der Beiträge und der Abhängigkeit von einzelnen Geberregierungen ab, die ihrerseits wiederum von jährlichen Haushaltsentscheidungen bestimmt werden. Selbst große Programme wie UNDP müssen sich mehr nach den Möglichkeiten und Interessen dieses „ear marking“ als nur nach den Prioritäten ihrer Satzungen und der Abschätzung des dringendsten Bedarfs richten.

 

Für den Bereich der Ehemaligen sollte der Anschluss an die internationale Vernetzung der UN-Veteranenverbände, die jetzt auch von VDBIO betrieben wird, eine Priorität für die künftige Arbeit darstellen. Zusammen mit 66 Nationalvereinen der Pensionäre von Argentinien bis Zambia vertritt FAFICS (Federation of Associations of Former International Civil Servants) die Belange der Ehemaligen. Da sollten unsere Landsleute nicht länger fehlen. Es ist höchste Zeit für den Beitritt einer deutschen Organisation, die als Fachgruppe von VDBIO oder in entsprechender Nachbarschaft angesiedelt werden sollte. Wie das zu machen wäre, soll in Kürze mit dem FAFICS-Vorstand besprochen werden. Möglicherweise könnte eine solche Vernetzung auch im Interesse einer größeren Anzahl von deutschen Ex-Kollegen an der Zusammenarbeit sein, die bisher noch nicht oder nicht mehr zum VDBIO gehören.

 

Kurzum, es gibt noch viel zu tun in den vier Jahren bis zum nächsten Erinnerungstag von 2020. Dann werde ich, so Gott will, genau doppelt so alt sein wie der Verband. Bis dahin erst einmal die besten Wünsche für eine erfolgreiche Arbeit !

 

 

Bild zur Meldung: Manfred Kulessa

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