U.N. Parents: Ein Netzwerk für bessere Elternpolitik innerhalb der VN

Grafik Familie

Damit die Vereinten Nationen (VN) ein glaubwürdiger Verfechter von Geschlechtergleichstellung sowie ein integrativer und attraktiver Arbeitgeber sein und bleiben können, soll deren Elternpolitik verbessert und vereinheitlicht werden. In diesem Zusammenhang wurde das Netzwerk „U.N. Parents – Equal Rights Equal Roles“ von UN-Mitarbeitenden gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Verbesserung der Elternpolitik und Akzeptanz von Eltern im VN-Arbeitsalltag zu werben.


Die VN als Vorbild bei der Elternpolitik
Als internationale Institution, die Standards setzt, und als Arbeitgeber, der attraktiv und gleichzeitig inklusiv sein will, haben die VN die Pflicht, durch ihre Personalpolitik und deren Umsetzung mit gutem Beispiel voranzugehen und eine Vorbildfunktion einzunehmen. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer vielfältigen Belegschaft ist hierbei von zentraler Bedeutung, um sich glaubwürdig für eine gerechte und moderne Elternpolitik einzusetzen. In den letzten Jahren hat das VN-System erhebliche Fortschritte bei der Förderung eines integrativen Arbeitsumfelds gemacht, das sowohl die Vielfalt fördert als auch frei von jeglicher Form der Diskriminierung ist. Doch obwohl Elternpolitik inklusive der Elternzeit eine Schlüsselkomponente eines förderlichen Arbeitsumfelds sind, spiegelt die bestehende VN-Elternpolitik diese Werte noch nicht wider. Aktuell bieten die VN im allgemeinen sechzehn Wochen Mutterschaftsurlaub (abzüglich bis zu sechs Wochen Mutterschutz) sowie vier Wochen Vaterschaftsurlaub.


Elternpolitik für alle
Im gesamten VN-System forderten Befürworter/-innen eine standardisierte Elternurlaubspolitik, die es allen Mitarbeitenden ermöglicht, sich aktiv um ihre Familie zu kümmern, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität, der Art, wie sie Eltern wurden, ihrer sexuellen Orientierung oder der Vertragsmodalität. Zu den prominentesten Befürwortern gehört UN-Generalsekretär António Guterres, der mehrfach betont hat, dass "Mutterschafts-, Vaterschafts-, Adoptions- und Leihmutterschaftsurlaubsregelungen durch eine einheitliche Elternurlaubsregelung von sechs Monaten ersetzt werden sollten, um eine gleichberechtigte Betreuung zu fördern"1 und damit die Verantwortung der VN anerkennt, das gleiche Engagement aller Eltern zu unterstützen.
Besonders wichtig in den Augen von U.N. Parents ist es, dass Elternpolitik für alle gilt, unabhängig von Vertragssituation und der Art und Weise wie man Eltern wurde. Besonders Consultants und Contractors, die ähnliche Arbeiten wie UN-Staff verrichten, sind in der Regel von Elternzeit ausgenommen. Dies trifft oft jüngere Kolleginnen und Kollegen, die sich aufgrund der Vertragssituation in prekären Verhältnissen befinden oder die Elternschaft auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
In den letzten Jahren ist Bewegung in die Diskussion gekommen und einige VN-Agenturen wie UNICEF, WIPO oder UNAIDS haben ihre Regularien gerade in Bezug auf Elternzeit signifikant verbessert.2


Fünfzehn Vorschläge für ein besseres System   
In Zusammenarbeit mit UN Globe, Young UN und vieler weiterer Stakeholder hat U.N. Parents fünfzehn Vorschlägeausgearbeitet, die den VN dabei helfen sollen, ihrer Verantwortung im Hinblick auf Elternschaft gerecht zu werden. Die Vorschläge erstrecken sich über drei Phasen der Elternschaft, beginnend von der Zeit vor der Geburt, der unmittelbaren Zeit nach der Geburt (inklusive Elternzeit) und der Zeit nach der Elternzeit. Die Vorschläge gelten für alle Arten von Elternschaft und Personal und auch für Nicht-Personal (z.B. Consultants), wenn ein personalähnlicher Vertrag vorhanden ist.
Eine zentrale Forderung ist die Anhebung von Elternzeit für beide Eltern auf 24 Wochen4,  wie dies schon von vielen Akteuren innerhalb der VN gefordert wurde. Der Elternteil, der das Kind zur Welt bringt (gestational oder birth parent) sollte darüber hinaus zusätzlichen Schutz genießen. 
Andere Vorschläge beinhalten zum Beispiel „Zeitbefreiung für vorgeburtliche Termine, Leihmutterschaft und Adoptionsformalitäten“ sowie betroffenen Eltern die Möglichkeit zu geben, sich von einer Fehl- oder Totgeburt zu erholen. Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass es eine obligatorische Elternzeit von acht Wochen für beide Elternteile geben soll, um die Teilnahme von Nicht-Schwangerschaftseltern an der Erziehung zu fördern. Gerade auch im Hinblick auf Krankheit von Kindern, fordert U.N. Parents bezahlten Familienurlaub, um sich um das Kind kümmern zu können. Ein weiterer Vorschlag ist, dass gerade Eltern sehr von flexiblen Arbeitsbedingungen profitieren und flexible Arbeitsmodelle beibehalten werden sollten.


U.N. Parents Netzwerk
Gegründet im Oktober 2021, ist U.N. Parents mittlerweile ein Netzwerk von mehr als 600 VN-Mitarbeitenden in mehr als 102 Dienstorten und 75 VN-Agenturen. Seit der Gründung wurden mehrere Artikel verfasst und eine Serie „Parent voices“ gestartet, die sich mit den verschiedenen Problematiken von Elternschaft bei den VN auseinandersetzen. Diese beinhalten etwa allgemeine Missstände bei der Elternschaft5, Leihmutterschaft und Alleinerziehende6,  Adoptiveltern, Mehrfacheltern und den Effekt auf Mütter7 oder als VN-Consultant Eltern zu werden. Diese Zeugnisse sollen dabei helfen, die Diskussion zu vermenschlichen und Missstände aufzuweisen – aber auch Wege, wie letztere beseitigt werden können.
Darüber hinaus wurden viele Aktionen durchgeführt, zum Beispiel Webinare mit den International Gender Championsund Diskussionen mit Management sowie Vertreter/-innen von Arbeitnehmer/-innen. Mittlerweile gibt es verschiedene Focal Points in den einzelnen VN-Agenturen und einen Vorstand. Ein Brief an den UN-Generalsekretär Guterres wurde von mehr als 600 Mitarbeitenden unterzeichnet und ein Gespräch fand mit Martha Helena Lopez, Stellvertretende Generalsekretärin für Human Ressources, statt. Auch arbeitet U.N. Parents eng mit verschieden Personalvertretungen zusammen, um Dinge auf Agentur- und ICSC- Ebene voranzutreiben.
Gerade für deutsche VN-Mitarbeitende kann die Diskussion von Bedeutung sein, da die VN im Vergleich zu Bedingungen in Bezug auf Elternpolitik in Deutschland deutlich hinterherhinkt. Um ein attraktiver und geschlechtergerechter Arbeitgeber zu sein, sollte sich die VN-Elternpolitik den Herausforderungen unserer Zeit stellen und ein inklusiveres Modell in Betracht ziehen.
Ein allgemeines Treffen von U.N Parents findet einmal im Monat statt und das Netzwerk ist auch darüber hinaus immer offen für neue Ideen, Vorschläge und Umsetzungen. Wer regelmäßig informiert werden möchte, kann sich in die Mailingliste von U.N. Parents eintragen (https://www.unparents.org/get-involved) und die Website besuchen (https://www.unparents.org/).

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Fabio Thoma

Fabio Thoma arbeitet als Technical Officer (JPO) für die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) im Monitoring & Evaluations (M&E), Daten- und Partnerschaftsbereich im Zusammenhang des SDG 8.7 (Kinder- und Zwangsarbeit sowie Menschenhandel). Davor war er fast fünf Jahre für die Weltbankgruppe in verschiedenen Funktionen in Washington D.C. und in der Türkei tätig, zuletzt als Koordinator der Platform for Collaboration on Tax (PCT). Er hat einen Master in Internationale Entwicklung und Politikwissenschaft von der Sciences Po Paris und der FU Berlin und schließt derzeit ein Studium in Data Sciences an der Mannheim Business School ab.

Im Jahr 2021 hat er das Netzwerk U.N. Parents mitgegründet, das mittlerweile über 600 Mitglieder zählt und sich dafür einsetzt, Elternpolitik und Geschlechtergleichstellung innerhalb der VN voranzubringen. 

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